Mittwoch, 21. Februar 2024

Tagebuch einer, die auszog das Kuren zu lernen - Teil 2

 Am dreizehnten Tag...

war es morgens recht angenehm, ich wurde zu halbwegs christlicher Zeit vom etwas zu heiß eingestellten Infrarotstrahler angebraten, ein Schweinsbraten-im-Rohr-Gefühl. Um Hilfe gerufen, und bei niedrigerer Temperatur fertig gegart. Dann von einem gesprächigen Ex-Bäcker sehr gut durchgeknetet. Wahrhaft wonniglich entspannt habe ich mich danach wieder zur allseits beliebten Aqua-Fit Gymnastik ins Wasser geworfen. Das Planschen macht Spaß und tut mir wirklich gut.

Viele, viele bunte Nudeln...

Am Nachmittag haben's mich erst unter Strom gesetzt, und dann aus der Nordic-Walking-Gruppe raus geschmissen. Ich war denen zu langsam, und eine langsamere Gruppe wollten die beiden TrainerInnen nicht bilden. Hatten wohl keine Lust mit mir durch den Wald zu schleichen. Bäää.

Somit bin ich wieder zum Arzt zitiert worden, dermal wars eine einsichtige Ärztin. Ich darf nun mehr Gymnastik machen, zu Wasser und an Land, und Zirkeltraining, das ist ok. Weil das mach ich wie es mir gut tut, und letzteres hat viiiele Pausen.


Am vierzehnten Tag...

musste ich mich bemühen um 7:00 beim Sensomotorik-Training schon koordinierte Bewegung hinzukriegen. War nicht einfach. Diese Gymnastikbälle haben schon ein gewisses Eigenleben...

Dafür hat das Frühstück danach umso besser geschmeckt. Solang keine(r) in meinem Blickfeld den ach so gesunden Haferschleim in sich reinschlürft. Würg.

Nach einem kurzen Vormittagsdunkerl war dann Heilgymnastik angesagt, die mir wirklich gut tut. Auch wenn die Schultern dabei grummeln und krachen.

Danach bin ich ein Stündchen durch den Wald geschlendert, und das war gut so, dann Nachmittag hat's geschüttet und Graupel geschauert. Schade, dass die wunderschönen bemoosten Felsen hier alle so groß sind...

Saftig grünes Moos auf Harbacher Granit

Aus dem hübschen schwarz-weiß gesprenkelten Harbacher Granit, und auch aus dem braun-grau gemusterten Nebelsteiner Granit wird hier sogar hübscher Schmuck gefertigt. Noch war ich nicht in der Schmuckwerkstatt im Nachbarort, noch nicht...

Nachmittags noch zur Entspannung wieder auf eine Fantasiereise gegangen. Bin im Geist durch meinen Garten gewandert. Da ich ja erst am Sonntag dort war, waren die Bilder in meinem Hirn recht deutlich:

Ganz entspannt hab ich natürlich an den Baldrian gedacht,
so unscheinbar schaut der jetzt im Frühjahr aus.


Und so im Sommer. Duftet sehr angenehm,
im Gegensatz zur Wurzel die ziemlich stinkt.
Bei einer Fantasiereise soll man auch bewusst an Gerüche denken,
an dem Wind im Gesicht, und das weiche Gras unter den Füßen (im Traum immer ohne Disteln).

Danach Gratiskaffee (Stempelkarte ist voll!) und ein Kartenspiel. Ich habe wirklich ganz viel Glück in der Liebe... so wie ich da verloren hab.


Am fünfzehnten Tag...

zu akzeptabler Zeit (8:00) mich nett mit Max dem hübschen freundlichen Heilgymnastiker abgeplaudert. Ein bisschen geturnt haben wir auch. Nicht was ihr da denkt, es wurden die Übungen, die ich daheim weitermachen soll, erklärt und eingeübt. Darunter zwei im Liegen (yeah), aber leider auch zwei mit Arsch hoch am Rücken liegend (ächz).

Um zehn dann wieder in die schwarze heiße Brühe alias Moorbad gestiegen. Damit kriegt man eine Kühlspirale auf den Busen gelegt, die das Herz kühlen soll. Danach ist frau echt fertig und MUSS ruhen.

Dann war für diesen Tag auch schon Schluss mit therapiert werden: Habe den Nachmittag mit einem entspannten Schläfchen, und danach einem schweißtreibenden Spaziergang zu den Kamelen verbracht.
Wer die Natur nicht zum Sportgerät degradiert, und statt nur auf den Wag auch mal nach unten oder oben schaut, wird mit schönen Eindrücken belohnt:

Ahornrunzelschorf, ein Pilz auf Ahornblättern.
In Hintergrund Granit, links unten ein großer Feldspatkristall. 


Am Himmel kündigen "Föhnfische",
das sind linsenförmige Wolkengebilde,
den nächsten Föhnsturm an.

Den Abend mit den Kurschneckis verbracht. Derlei Sitzungen sind mitunter lehrreicher als so manches Arztgespräch. So habe ich erfahren, dass Alkohol nicht so toll bei Schilddrüsenunterfunktion ist. Abends dann trotzdem den Weißburgunder verkostet, denn - ebenfalls hier gelernt - Genuss (mit Maßen) ist ganz wichtig fürs Wohlbefinden.


Am sechzehnten Tag...

meinen Muskelkater wieder aufgefrischt. Erst im Morgengrauen Unterwassergymnastik gemacht, danach Zirkeltraining. Dazwischen ein leichtes Frühstück, damit auch bei den Übungen mit Baucheinsatz alles unten bleibt. Und endlich mal eine Therapeutin, die nicht spargeldürr, übermotiviert und dynamisch war, sondern ein sympathisches Moppelchen wie ich. Das hat mich derart beschwingt, dass ich heut statt meiner üblichen 0,5 kg gleich 2 kg Hanteln gestemmt habe. Und 8 kg gehoben. Da hat das Gebälk ordentlich gekracht.

Nachmittags gabs noch einen Vortrag vom Schoko-Psychologen zum Thema Stressbewältigung im Arbeitsalltag. Und nun heißt es sich eilen, den 5-Uhr-Kaffee nicht zu versäumen.

Am siebzehnten Tag...

durfte ich um 7:15 bereits einem Vortrag zum Thema Ernährung im Alltag für Berufstätige lauschen. Die epochalen Erkenntnisse daraus waren: Soletti haben weniger Fett als Chips, und Joghurt hat weniger Fett als Schlagobers.... Wirklich interessant war, dass Milchschokolade weniger Fett hat als die über 70%igen Bitterschokoladen. Und mindestens 2 l Wasser am Tag soll frau trinken...und pausenlos auf's Häusl rennen? Kurzum, nichts wirklich neues.

Um das Fett der in den letzten 5,9
 Jahrzehnten zuviel gegessenen Schokolade ein wenig abzubauen bin ich danach in den Wald gegangen. Und wieder was neues entdeckt:

Die erste wilde Frühlingsknotenblume


Die Steigung bin ich schon mit weniger Pausen hochgekommen, und mit der überschüssigen Energie hab ich ein Steinmandl gebaut:
Gabi was here


Nachmittag wurde ich dann mal wieder unter Strom gesetzt. Sicher war die Elektrifizierung schuld, dass ich in der Kurkonditorei doch/endlich schwach geworden bin:

Harbacher Mohntorte

Die war sowas von saftig, mit gschmackiger Marmelade gefüllt und von süßem Fondant umhüllt, ein Gedicht. 
Den Eindruck getrübt hat lediglich das sehr aufdringliche schwul-schwüle Rasierwasser des Kellners. Stellt euch vor, ein Iltis fällt in eine Flasche Chanel No.5... 


Am 18. Tag...
war morgens alles weiß, über Nacht hat es geschneit. Nicht viel, aber die angezuckerte Landschaft war wunderschön anzuschauen:

Waldviertler Wintertraum

Nach dem Frühstück war wieder Zirkeltraining angesagt, ich fürchte es war noch nicht das letzte. Zu Mittag gabs statt heißer Suppe heißen schlamm auf Schultern und ins Kreuz, erst danach durfte ich mich laben. Irgendwie habend die ganzen Therapien einen schlechten Einfluss auf die Hirntätigkeit, alle haben Schwierigkeiten sich zu erinnern, was frau den gestern als Menü für heute angekreuzt hatte. Immer wieder eine Überraschung "das hab ich bestellt???". Aber es ist eh fast egal was frau ankreuzt, Karotten sind eh fast überall dabei.

Über Mittag hat die Sonne das meiste vom Schnee weggeputzt, und ich habe gemeinsam mit einer der Kurschneckis einem Ausflug zur mystischen Steinpyramide von Groß Gerungs unternommen. Sie ist seit meinem letzten Besuch vor gut 10 Jahren leider sehr verfallen, nur eine Seite schaut noch halbwegs was gleich.

Steinhaufen statt Pyramide

Die besser erhaltenen Seite

Beim letzten Besuch hab ich mir irgendwie ungut gefühlt, dort wo sich rechtsdrehende (!) Wasseradern und Kraftlinien kreuzen. Diesmal hab ich nichts gespürt, außer Ärger über penetrante Esoteriker, die mit einer Wünschelrute herumgefüchtelt haben. 

Nach der Pyramide gabs Kaffee und einen Marzipanerdapfel. Auch diese Konditorei hatte die Steinpyramide als Mehlspeise im Sortiment. 



Am 19. Tag...
habe ich lieben Besuch gekriegt, von einer, die mir viel mehr als eine Arbeitskollegin ist :-) Wir haben viel Kaffee getrunken, gut gegessen, und viel geplaudert, leider auch über unangenehme Themen. Aber das Wetter war schön, und wir haben gemeinsam die legendären Harbacher Kamele bewundert und umrundet. 
Die hierorts sehr emsigen Maulwürfe verdienen es auch mal erwähnt zu werden. Ganze Maulwurfs-Gemeindebauten sind hier auf fast jeder Wiese zu sehen. Entweder gräbt es sich in der Waldviertler Erde so leicht, oder es gibt viele Regenwürmer und Engerlinge, oder es sind halt voll trainierte und motivierte Kur-Maulwürfe.

Am Bild ist nur ein Bruchteil der Maulwurfshaufen zu sehen

Dann ging's ab ins Schmuck/Deko/Glas-Eldorado (Kaffee!! Mohnknödel!), Zu guter Letzt wurde noch der örtliche Selbstbedienungscontainer um ein Stück überregionalen Tiroler Käse erleichtert.
Schon ziemlich müde zum Abendessen geschlurft, danach hat mir das Achterl mit den Kurschnecken den Rest gegeben, nix wie ab in die Heia.

Am 20. Tag...
schon vor dem Frühstück eine Massage verpasst bekommen, es ist immer wieder erstaunlich, wie gut die Masseuse/Masseurin? den Aua-Punkt in meiner Schulter findet. 

Bei der anschließenden finalen Wiegung die Rechnung präsentiert gekriegt, für die Mehlspeis- und Weinsünden der letzten Tage. Ich hab zwar was abgenommen, aber es hätte mehr sein können. Wahrscheinlich hab ich ur-viel Muskelmasse aufgebaut, und Muskeln sind ja schwerer als Fett. Und den Zimmerschlüssel hatte ich auch im Hosensack...

Vor dem Mittagessen musste ich noch mit der Wirbelsäule turnen, dafür durfte ich am Nachmittag nochmal ins Moorbad. Letzteres hab ich mir erst als dicke Moorpampe vorgestellt, aber es ist eher Moortee, in dem frau 15 Minuten dümpeln darf. Dennoch werden pro Bad 30 kg Moor zugesetzt, hat mir die Moorbadefrau verraten.

Abends haben die Kurschneckis feucht-fröhlichen Abschied gefeiert, denn zwei der 4 Schnecken werden schon morgen frühabreisen.

Am 21. Tag...
musste ich ein letztes Mal turnen, dann war nur mehr Verwöhnen angesagt: 
Erst eine extralange 51-Euro-Massage, dann Ultraschall, und zum Abschluss eine wonnigliche Hydrojetmassage. Ich wollt ja gar nicht mehr aufstehen von dem wunderbar warmen wogenden Wasserbett...
Das finale Arztgespräch hat gerade Mal 3 Minuten gedauert. Echt entbehrlich.

Nachher dann ungeplant nochmal Trainingspuls erreicht, denn der Lift in die Garage war kaputt, und ich bin mit meinem Gepäck einmal alle Gänge abgefahren, in der Hoffnung einen alternativen funktionierenden Lift zu finden. Leider nein... fluch und schnauf und schwitz.

Was habe ich alles in meine Koffer und Taschen gepackt:
Nicht nur schmutzige Wäsche,
sondern auch Waldviertler Mohn (als Körndl und in Tortenform), 
Blunze, Geselchtes und Waldviertler Erdäpfel,
Arnikatinktur für den leidenden Besten von allen, 
drei nette Bekanntschaften, denen ich viel Erfahrung beim Kartenspielverlieren, und ein wenig auch beim Gewinnen verdanke,
die Erinnerung an viele Waldbäder und ein seltenes Schwammerl,
etliche Cocktails, einige Achterln, und ungezählte Melangen, aber nur eine Mohntorte, 
trotzdem (oder deswegen?) fast zwei Kilo weniger und ein bisschen mehr Kondition,
und ganz viel Vorfreude auf daheim.

Hier endet der Kurblog, denn am 22. Tag geht's früh morgens heimwärts.